
LAG Baden-Württemberg: Stellenanzeigen, mit denen „Digital Natives“ gesucht werden, sind diskriminierend
„Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause“. |
Unter der Überschrift „WIR BIETEN“ findet sich in der Stellenanzeige die weitere folgende Formulierung: „Miss dich mit interessanten und herausfordernden Aufgaben in einem dynamischen Team mit attraktiver Vergütung und Chancen zur beruflichen Entwicklung“. sowie „Du bist ein absoluter Teambuddy …“ |
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LAG Baden-Württemberg: Kläger wurde unmittelbar benachteiligt
Die 17. Kammer des LAG Baden-Württemberg schloss sich der Auffassung der Vorinstanz an. Der Kammer zufolge wurde der Kläger wegen seines Alters unmittelbar benachteiligt. Die wesentlichen Überlegungen der Kammer:
- Wortfolge „Digital Native“ knüpft an Lebensalter an: Mit dem Begriff „Digital Native“ hat die Beklagte unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Zutreffend lässt sich dieser Begriff mit „digitaler Eingeborener“ oder „digitaler Ureinwohner“ übersetzen. Den Begriff hatte Marc Prensky im Jahr 2001 geprägt, weil er die Generation von Menschen beschreiben wollte, die mit digitalen Technologien wie Computern, dem Internet und anderen mobilen Geräten aufgewachsen sind. Damit wollte er diese von der Generation der sogenannten „Digital Immigrants“ abgrenzen – der älteren Generation, die nicht mit diesen Technologien groß geworden ist. Auch laut dem Duden ist ein „Digital Native“ eine „Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und daher in der Benutzung geübt ist". Ähnlich umschreibt Wikipedia diesen Begriff. Damit kommt es der Kammer zufolge nicht nur auf die besonderen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien an. Vielmehr ist entscheidend, dass der „Digital Native“ in die digitale Welt hineingeboren wurde. Eine Alters- oder Generationenbezug kann dem Begriff daher nicht abgesprochen werden, meint die Kammer weiter.
- Gleiche Intention in der Stellenanzeige: Der gleiche Sinn ergibt sich auch aus der Formulierung in der Stellenausschreibung der Beklagten. So sollte man ein bei einem durchschnittlichen Bewerber für die Stelle eines „Manager Corporate Communications“ davon ausgehen können, dass ihm neben englischen Sprache auch Begrifflichkeiten wie „Digital Native“ und „Digital Immigrant“ bekannt sind.
- Verstärung der Zielsetzung durch Verknüpfung mit weiteren Wortfolgen: Zudem wird die Bezugnahme auf das Alter durch Begriffe, wie „absoluter Teambuddy“ und die den Bewerbern gebotene Aufgabe in einem „dynamischen Team“ weiter verstärkt. So richtet sich die Ansprache „Teambuddy“ mehr an jüngere als an ältere Bewerberinnen und Bewerber. Ebenso beschreibt die Wortfolge „dynamisch“ eine Eigenschaft, die allgemeinen eher jüngeren Personen zugeschrieben wird.
- Kläger vor Etablierung des Begriffs „Digital Native“ geboren: Der Kläger, der 1972 geboren wurde, ist kein „Digital Native“ im benannten Sinne. Hierbei ließ die Kammer offen, ob das Jahr 1981 den Beginn der Jahrgänge der „Digital Natives“ markiert. Zunächst finden sich laut Kammer keine ernst zu nehmenden Stimmen mit der Ansicht, nach der schon Jahrgänge vor 1980 den „Digital Natives“ angehören. Dies sei schon deshalb nachvollziehbar, weil zum Beispiel Microsoft erst 1975 gegründet wurde und der MITS Altair 8800 aus dem Jahr 1975 als der erste PC gilt. Auch der Apple I wurde erst 1976 entwickelt.
Quelle: Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 07.11.2024 – 17 Sa 2/24 (juris)
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