
Neues aus Luxemburg, Karlsruhe, Stuttgart und Frankfurt
EuGH: Erlaubt musikalisches Sampling in engen Grenzen
Der jahrelange Rechtstreit zwischen dem Rapper Moses Pelham und der Musikgruppe Kraftwerk um die Übernahme einer Tonfolge von etwa zwei Sekunden hat nun auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) erreicht. Aus dem Tonträger des Musiktitels „Metall auf Metall“ der E-Pop-Pioniere hatte Pelham für seinen Musiktitel „Nur mir“ eine Tonsequenz von etwa zwei Sekunden kopiert. Mit dieser Sequenz hatte er dann seinen eigenen Song unterlegt. Die Gruppe Kraftwerk warf dem Rapper daraufhin unzulässiges Sampling vor. Der Rechtstreit, der 1998 begann, zunächst die Tatsacheninstanzen in Hamburg und anschließend den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftige, war nun auch Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des EuGH. Der BGH rief den EuGH an, nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Entscheidung des BGH aufgehoben und zurückverwiesen hatte.Die Richter aus Luxemburg meinen, dass Sampling grundsätzlich zustimmungspflichtig ist. Allerdings sehen sie auch Ausnahmen – etwa dann, wenn die Tonfragmente verändert werden und in dem neuen Tonträger nicht wiedererkennbar sind. Zudem könnten Samples auch als „musikalische Zitate“ zulässig sein. Dann aber müssen sie mit dem Ursprungswerk „interagieren“, so der EuGH. Ob eine der genannten Ausnahmen vorliegt, muss nun der BGH klären – ggf. mit Hilfe der Tatsachengerichte. Damit liegt der EuGH nicht ganz auf einer Linie mit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31.05.2016 (1 BvR 1585/13). Dennoch halten beide Gerichte ein ungefragtes Sampling für möglich.
Quelle: PM des EuGH zum Urteil vom 29.7.2019 – C-476/17
Mehr zum Thema: Recht auf Sampling gegen Recht des Tonträgerherstellers | 06.08.2019 |
EuGH: Sampling in engen Grenzen erlaubt | |
![]() |
Musikalisches Sampling ist die Übernahme von Tonfolgen in eigene Musikproduktionen. Ob das erlaubt ist, darüber streiten Musikproduzent Moses Pelham und die Gruppe Kraftwerk seit über 20 Jahren. Nun hat der EuGH hierüber aktuell entschieden – und die „Endlos-Schleife“ wohl fortgesetzt. mehr ...
|
BGH wendet hessische Mietpreisbremse von 2015 nicht an
Die hessische Verordnung (VO) zur Ausweisung angespannter Wohnungsmärkte vom November 2015 ist nichtig. Deshalb hat der Bundesgerichtshof (BGH) die VO in einem Streitfall nicht angewendet, was sich aus einer kürzlich veröffentlichten Leitsatzentscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH ergibt.Die Begründung: Die hessische VO enthielt keine öffentliche Begründung. Vielmehr blieb diese im Entwurfsstadium stecken. Dem Senat zufolge wird dies weder dem Wortlaut von § 556b Absatz 2 Satz 5 bis 7 BGB noch dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses gerecht. Auch eine nachgeschobene Begründung kann diesen Mangel nicht nachträglich heilen. Ähnliche Mietverordnungen in Bayern und Baden-Württemberg leiden an demselben formalen Fehler und sind deshalb ebenfalls nichtig. Allerdings hat Hessen zwischenzeitlich eine neue, begründete Mietverordnung erlassen.
Quelle: Urteil des BGH vom 17.7.2019 – VIII ZR 130/18
![]() |
Berliner Kommentar MietrechtHerausgeber: Joachim Spielbauer und Joachim SchneiderVersierte Praktiker behandeln alle praxisrelevanten Probleme aus Mietrecht und Leasing und bieten rechtssichere Lösungen an. Brandaktuell: Mietrecht ist Fallrecht. Entsprechend groß ist der Einfluss der Rechtsprechung und die Flut an neuen Entscheidungen der Instanzgerichte. Etwa zu folgenden Themen:
|
Verlagsprogramm | Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht |
OLG Stuttgart: Flucht vor Polizei kann „verbotenes Kraftfahrzeugrennen“ sein
Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart. In dem Fall war der Angeklagte am 1.5.2018 gegen vier Uhr in Lichtenstein-Honau mit seinem PKW vor einer Streife der Polizei geflüchtet. Die Polizisten wollten in kontrollieren und forderten ihn zum Anhalten auf. Daraufhin gab der Angeklagte Gas, um den Streifenwagen abzuhängen, der ihn mit Blaulicht und dem Haltesignal „Stopp Polizei“ verfolgte. Hierbei gefährdete er zahlreiche andere Verkehrsteilnehmer. Unter anderem fuhr er zeitweise auf der Gegenfahrbahn und missachtete eine rote Ampel. Zudem fuhr der Angeklagte bei erlaubten 50 km/h mit mindestens 145 km/h durch den Ort Engstingen. Nach Verlassen der Ortschaft fuhr er auf der teilweise kurvenreichen weiteren Strecke mit mindestens 160 bis 180 km/h, obwohl nur 70 km/h erlaubt waren. Der Streifenwagen konnte den Vorsprung des Angeklagten nicht aufholen und brach daher die Verfolgung ab.Nach Auffassung des OLG erfüllte der Angeklagte damit auch den Tatbestand des „verbotenen Kraftfahrzeugrennens“ nach § 315d Absatz 1 Nr. 3 StGB, der seit 13.10.2017 gilt. Hierfür, so die Stuttgarter Richter reiche es aus, dass der Angeklagte eine möglichst hohe Geschwindigkeit erzielen wollte. Es sei nicht erforderlich, dass er seinen Wagen auf die technisch mögliche Höchstgeschwindigkeit bringen wollte. Auch eine Verfolgungsjagd hat dem Gericht zufolge einen spezifischen Renncharakter, der die Risiken verwirklicht, die die Gesetzesbegründung benennt. Dies gelte auch dann, auch wenn das Ziel des Fahrers die gelungene Flucht ist. Diese Rechtsfolge leitete das OLG aus dem Schutzzweck der Norm her und hat damit die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt. Diese hatte den Angeklagten zu 70 Tagessätzen über je 40 Euro verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Zudem sprach die Vorinstanz eine Sperrfrist von neun Monaten für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis aus.
Quelle: PM OLG Stuttgart vom 8.8.2019 zum Urteil vom 4.7.2019 – 4 Rv 28 Ss 103/19
Der kostenlose Newsletter Recht - Hier können Sie sich anmelden! |
Redaktionelle Nachrichten zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps. |
LG Frankfurt a.M.: Fehlender Koffer mit Fotoausrüstung rechtfertigt Reisepreisminderung
Dies hat das Landgericht (LG) Frankfurt aktuell entschieden. In dem Streitfall hatte die Klägerin eine Reise nach Madagaskar gebucht. Nach Ankunft am Zielort sollte die Tour mit einer zweigeteilten Rundreise durch die Insel fortgesetzt werden. Einen ihrer Koffer erhielt die Klägerin erst sechs Tage nach dem Start des ersten Teils der Rundreise. Der fehlende Koffer enthielt wichtige Teile einer Fotoausrüstung. Für die Zeit, in der die Fotoausrüstung fehlte, hielt das LG Frankfurt eine Reisepreisminderung von 25 % für angemessen. Dies entsprach einem Minderungsbetrag von 963,03 €. Insgesamt kostete sie Reise 10.292,00 €.Der Grund für die Minderung: Da die Klägerin während des ersten Teils der Rundreise keine Möglichkeit hatte, zu fotografieren, bleiben ihr nur ihre Eindrücke und Erinnerungen von Land, Natur und Sehenswürdigkeiten. Der Minderungsbetrag muss nach Auffassung des LG auch nicht reduziert werden, weil die Klägerin ihre Fotoausrüstung unbefugt in dem Koffer transportieren wollte. Das Minderungsrecht des Reisenden, so die Frankfurter Richter weiter, bestehe unabhängig von einem Verschulden des Reiseveranstalters. Daher scheide ein Mitverschulden der Klägerin aus.
Quelle: Urteil des LG Frankfurt vom 19.6.2019 – 2-24 O 20/19
![]() |
Steuer- und RechtsBrief Touristik (SRTour)Mit SRTour, dem aktuellen Informationsdienst für Touristik, Business Travel und Hotellerie, bleiben Sie auf dem neuesten Stand. Branchenexperten versorgen Sie mit regelmäßigen Updates und Praxistipps zu allen Steuer- und Rechtsfragen der Tourismusbranche.Speziell für die Tourismusbranche
|
(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht