
OLG Koblenz zum Schadensersatz aufgrund von Coronaimpfung
Klägerin: Impfung führte zu erheblich geringerer Belastbarkeit und weiteren Folgebeeinträchtigungen
Die Klägerin trug im Wesentlichen weiter vor, dass sie einige Tage nach ihrer ersten Impfung gegen Corona unter starken Kopfschmerzen litt, verbunden mit einem immer intensiveren Schwindel. Nach der zweiten Impfung hätten sich diese Symptome weiter verstärkt. Noch heute habe sie ein unsicheres Gangbild, wäre fallgeneigt und müsse regelmäßig gestützt werden.
Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! |
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps. |
OLG Koblenz: Positives Nutzen-Risiko-Verhältnis beim Impfstoff Comirnaty
Auch vor dem 5. Zivilsenat des OLG Koblenz blieb der Erfolg der Klage aus. Der Senat hat die Berufung zurückgewiesen. Allerdings ließ er die Revision zum BGH zu. Die tragenden Überlegungen des Senats:
- Positives Nutzen-Risiko-Verhältnis beim Impfstoff: Der Senat ist von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis des eingesetzten mRNA-Impfstoffes überzeugt. Dabei legte er den Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 26.06.2024 zugrunde, den er auf den Zeitpunkt der Impfungen projiziert hatte. Zudem stütze der seine Ansicht auf den Wissensstand der Europäischen Arzneimittelagentur und deren Ausschüsse sowie auf die Erkenntnisse des nationalen Paul-Ehrlich-Instituts.
- Zwar kein 100 %-iger Schutz: Zudem meinte der Senat, dass es bezogen auf die Gesamtheit aller Personen, die potentiell geimpft werden konnten, keinen 100 %-igen Schutz gebe, was allerdings auch keine versprochene Wirkung des Impfstoffs wäre.
- Aber - bekannte Nebenwirkungen als vertretbare Opfer: Zwar sah der Senat auch die Risiken in Form von Nebenwirkungen, die sich schon vor der Zulassung zeigten. Doch auch insoweit hat der Nutzen dem Senat zufolge die Risiken bei Weitem überwogen. Zudem werde dem Betroffenen hinsichtlich dieser Risiken ein vertretbares Opfer zum Nutzen der Gesamtheit abverlangt. Aus der Realisierung derartiger Risiken im Einzelfall könne deshalb nicht auf die Unwirksamkeit des Arzneimittels im Allgemeinen geschlossen werden, mit der Folge, dass das betreffende Risiko schwerer wiegen würde als der allgemeine Nutzen.
- Keine falsche Kennzeichnung: Auch eine unrichtige Kennzeichnung, falsche Fach- oder Gebrauchsinformationen zu dem mRNA-Impfstoff Comirnaty sah der Senat nicht. Vielmehr entsprechen die gesetzlich relevanten Produktinformationen dem jeweiligen Stand der medizinischen Erkenntnisse und wurden fortlaufend aktualisiert. Da die Produktinformationen frei zugänglich waren, hätte auch die Klägerin Kenntnis nehmen können.
- Kein Nachweis des Zusammenhangs zwischen Impfung und Schädigung: Schließlich konnte die Klägerin nach Auffassung des Senats nicht nachweisen, dass die von ihr vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit den Impfungen stehen. Dabei betonte der Senat jedoch, dass die Frage nicht mehr entscheidungserheblich war. Ebensowenig habe die Klägerin Bezug auf ihre Auskunftsklage im Berufungsverfahren hinreichenden Indizien vorgetragen, die zur Annahme führen können, dass der Impfstoff ursächlich für ihre Beschwerden war.
![]() |
|
Verlagsprogramm | Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht |
Mehr zum Thema
LG Koblenz zu Schadensersatz- und Auskunftsansprüchen bei behaupteten Impfschäden | |
![]() |
Grundsätzlich muss der Hersteller eines Impfstoffes gegenüber geimpften Personen einstehen, wenn diese aufgrund des Impfstoffes gesundheitliche Schäden erleiden. Mit den Voraussetzungen hierfür und vor allem mit den Darlegungslasten der Anspruchsteller hat sich das LG Koblenz aktuell befasst. mehr …
|
Im Wortlaut: § 84 AMG – Gefährdungshaftung |
(1) 1 Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. 2 Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn 1. das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder 2. der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist. (2) 1 Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. 2 Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. 3 Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. 4 Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind. (3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben. § 84a AMG – Auskunftsanspruch (1) 1 Liegen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, so kann der Geschädigte von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft verlangen, es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich. 2 Der Anspruch richtet sich auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können. 3 Die §§ 259 bis 261 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. 4 Ein Auskunftsanspruch besteht insoweit nicht, als die Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht. |
(ESV/bp)
Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung