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Wem war Justitia gewogen? Unser Überblick der Woche (Foto: Leo Wolfert/Fotolia.com)
Übersicht der Woche

Rechtsprechung: Neues aus Karlsruhe, Kassel, Berlin, Stuttgart und München

ESV-Redaktion Recht
08.06.2016
Das BVerfG äußert sich zum Einsatz von Beamten in der Privatwirtschaft. Mit dem weltweiten Versicherungsschutz durch gesetzliche Krankenkassen befasste sich das BSG. Dienstunfälle sind auch auf der Toilette möglich. Wichtige Entscheidungen gab es noch zu Dashcam-Videos und zum Markenrecht.


BVerfG: Beamteter Telekom-Mitarbeiter darf bei Tochtergesellschaft eingesetzt werden

Die Deutsche Telekom AG darf einen Mitarbeiter, der Beamter ist, grundsätzlich dauerhaft bei einer Tochtergesellschaft einsetzen. Dies teilt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Pressemitteilung vom 08.06.2016 mit und bezieht sich auf einen Beschluss vom 02.05.2016 (AZ: 2 BvR 1137/14).

Danach hat das Gericht die Verfassungsbeschwerde eines beamteten Beschwerdeführers nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerde  richtete sich gegen die dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit bei einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Das Gericht sah keine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG. Allerdings muss bei einer solchen Versetzung das Statusamt des Beamten gewahrt bleiben. Mehr dazu finden Sie hier.

Beschwerdeführer war ein Technischer Fernmeldeamtsrat. Die Deutsche Telekom AG wies dem Beamten im Jahr 2010 dauerhaft eine Tätigkeit in einer Tochtergesellschaft zu. Dabei berief sich der Dienstherr auf § 4 Abs. 4 Satz 2 Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG).

Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Beamten blieb ohne Erfolg. Zwar hatte das Verwaltungsgericht die Zuweisung auf seine Klage hin anschließend aufgehoben. Allerdings wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Klage im Berufungsverfahren ab. Auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Bundesverwaltunggericht war erfolglos. Gleiches gilt für die Verfassungsbeschwerde. 

Die Pressemitteilung des BVerfG vom 08.06.2016 -  Der Volltext der Entscheidung 

Weiterführende Literatur
Der Berliner Kommentar zum Grundgesetz, herausgegeben von Prof. Dr. Karl Heinrich Friauf und Prof. Dr. Wolfram Höfling, analysiert dogmatisch fundiert die einzelnen Bestimmungen des GG. Das Werk arbeitet für Sie heraus, wie sich die einzelnen Bestimmungen auf das einfache Recht und die praktische Arbeit auswirken. Zudem verdeutlicht es die Bezüge zum Gemeinschaftsrecht und zum internationalen Recht.

BSG: Kein weltweiter Versicherungsschutz durch gesetzliche Krankenkassen

Ein Gruppenversicherungsvertrag zwischen einem gesetzlichen Krankenversicherer und einer privaten Krankenkasse, der die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse weltweit im Ausland gegen Krankheit versichert, ist unzulässig. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) laut seiner Pressemeldung vom 31.05.2016 entschieden.

In dem vorliegenden Fall bat das Bundesversicherungsamt nach einer anfänglichen Duldung den gesetzlichen Krankenversicherer um die Beendigung des Gruppenversicherungsvertrages. Zudem hatte das Amt die spätere Klägerin aufsichtsrechtlich beraten. Später verpflichtete es die Klägerin dazu, den Vertrag unverzüglich zu beenden. Die hiergegen gerichtete Klage und die Revision waren ohne Erfolg.

Nach Auffassung der Richter aus Kassel müssen Krankenversicherte sich selbst um einen ergänzenden weltweiten Schutz bei Auslandsreisen kümmern. Die Klägerin habe mit dem Gruppenversicherungsvertrag zusätzliche Leistungen übernommen, die das Gesetz nicht zulasse. Hierfür Beitragsmittel einzusetzen, sei rechtswidrig. Zumindest wäre hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich, so das Gericht.

Die Pressemeldung des BSG

Weiterführende Literatur
Das Loseblattwerk Sozialgesetzbuch(SGB V): Gesetzliche Krankenversicherung, herausgegeben von Hauck/Noftz, bietet Ihnen einen sicheren Überblick über diese komplexe Rechtsmaterie. Das Werk zeichnet sich durch praxisorientierte Kommentierungen zum SGB V aus. Eine Fülle von Entscheidungshilfen und Informationen zu aktuellen sozial- und rechtspolitischen Entwicklungen erleichtern Ihnen die Gesetzesauslegung in Ihrer täglichen Rechtspraxis.

VG Berlin: Ein Dienstunfall eines Beamten kann sich auch in der Toilette ereignen

Der Aufenthalt auf der Toilette ist keine „eigenwirtschaftliche Tätigkeit”, die den Unfallversicherungsschutz auschließt. Ein Dienstunfall eines Beamten kann sich auch in den Toilettenräumen des Dienstgebäudes ereignen. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin laut einer Pressemeldung mit seinem Urteil vom 04.05.2016 (AZ: VG 26 K 54.14) entschieden.

In dem betreffenden Fall stieß die Klägerin während der Dienstzeit gegen den Fensterflügel eines weit geöffneten Fensters im Toilettenraum des Dienstgebäudes. Dabei erlitt sie eine blutende Platzwunde und eine Prellung. Ihren Antrag auf Anerkennung als Dienstunfall lehnte der Dienstherr ab. Er bezog sich auf die Rechtsprechung bayerischer Verwaltungsgerichte. Danach steht der Aufenthalt in einer Toilettenanlage in keinem Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit. Dieses Risiko wäre daher dem privaten Bereich zuzuordnen.

Hiergegen wendete sich die Klägerin mit Erfolg. Entscheidend ist, so die Berliner Richter, dass die Toiletten zum räumlichen Risikobereich des Dienstherrn gehören. Auch wenn das Aufsuchen der Toilette selbst nicht unmittelbar dienstlich geprägt ist, liegt hierin keine „eigenwirtschaftliche Tätigkeit”, die den Versicherungsschutz ausschließt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Gericht die Berufung und die Sprungrevision zugelassen.

Die Pressemeldung des VG Berlin Nr. 23/16 vom 25.05.2016

Weiterführende Literatur
Der Kommentar Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht und Wehrrecht, von Fürst, bearbeitet die komplexe Rechtsmaterie, die in vielen Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften geregelt ist. Dabei geht das Werk auch auf länderspezifische Eigenheiten ein und veranschaulicht praxisgerecht die Zusammenhänge.

OLG Stuttgart: Dashcam-Videoaufnahmen bei schweren Verkehrsordnungswidrigkeiten zulässig

Videoaufnahmen von Dashcams dürfen bei der Verfolgung von schwerwiegenden Verkehrsordnungswidrigkeiten verwertet werden. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart dürfen in einem Bußgeldverfahren grundsätzlich solche Videos verwertet werden, die andere Verkehrsteilnehmer mit einer Dashcam aufgenommen haben. Dies gilt zumindest bei schwerwiegenden Verkehrsordnungswidrigkeiten. Dashcams sind  kleine Videokameras auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs, die die Fahrt aufzeichnen.

Das Amtsgericht Reutlingen hatte gegen den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Missachtens des Rotlichts eine Geldbuße von 200 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Den Tatnachweis hat das Amtsgericht allein aufgrund des Videos geführt, das ein anderer Verkehrsteilnehmer anlasslos mit einer Dashcam aufgenommen hatte. Das Oberlandesgericht hat dieses Urteil bestätigt und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen verworfen.

Offen blieb aber, unter welchen Umständen die Nutzung einer Dashcam durch einen Verkehrsteilnehmer gegen § 6b BDSG verstößt. Diese Norm lässt die Video-Beobachtung z.B. von öffentlich zugänglichen Räumen und Einrichtungen nur in engen Grenzen zu. Hierzu meinte das OLG, dass aus der benannten Norm kein Beweisverwertungsverbot für das Straf- und Bußgeldverfahren herzuleiten sei.

Der Beschluss des Oberlandesgericht Stuttgart vom 4. Mai 2016 – 4 Ss 543/15  -  Mehr dazu lesen Sie hier 

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Weiterführende Literatur
Die Verkehrsrechts-Sammlung, herausgegeben von Rechtsanwalt Volker Weigelt in Berlin, bietet Ihnen Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts.

Bundespatentgericht: Kein „Käse” aus „Burg”

Im Juli 2013 hatte die Markenstelle des Bundespatentamts für Klasse 29 eine Anmeldung des Wortzeichens „Burgkäse” zurückgewiesen. Die Markenstelle sah für die Bezeichnung ein Freihaltebedürfnis und meinte, dass die notwendige Unterscheidungskraft fehlt. Kern ihrer Begründung ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Wortfolge als einen geographischen Herkunftshinweis verstehen. So würde der Wortbestandteil „Burg” auf mehrere Städte in Deutschland hinweisen. Auch fehle dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft. Es liefere lediglich eine beschreibende Information für die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Produktionssätte der angebotenen Waren.  

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte Erfolg. Das BPatG versteht unter dem Begriff „Burg” in erster Linie eine befestigte Wohn- und Verteidigunganalge von mittelalterlichen Feudalherren. Zwar deute dieser Wortteil auch auf mehre Ortschaften in Deutschland hin. In der angemeldeten Wortschöpfung würde dieser Aspekt jedoch zurücktreten. Zudem sei der Verbraucher an vergleichbare Wortbildungen, wie z.B. „Burgbrunnen” oder „Burgherr” gewöhnt. Die vorliegende Bedeutung ist dem Gericht zufolge somit keine rein beschreibende Angabe für Käse. Anders als vergleichbare Begriffe, wie z.B. „Bergkäse”, vermittelt der Begriff „Burgkäse” dem Verbraucher keinen Hinweis auf eine Zutatenqualität oder eine bestimmte Rezeptur.  

Entscheidung des Bundespatentgerichts 

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Das Handbuch Marken- und Designrecht, herausgegeben von Maximiliane Stöckel, Rechtsanwältin und Mediatorin, bietet Ihnen eine Gesamtschau des nationalen und supranationalen Marken- und Designrechts inkl. des Rechts der Internationalen Registrierungen. Ergänzend werden zudem die markenrechtlichen Bezüge des Domain- und Lauterkeitsrechts beleuchtet. Alle Autoren sind durch ihre jahrelange Tätigkeit für zahlreiche Großunternehmen mit den Anforderungen der Markenrechtspraxis bestens vertraut.

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht