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Jan Schaller, IFBG (Foto: IFGB)
Nachgefragt bei: Jan Schaller, Leiter Team Analysen, IFBG

Schaller: „Führungskräfte haben viele Möglichkeiten, die gesamte Arbeitsatmosphäre zu prägen“

ESV-Redaktion Arbeitsschutz
17.02.2020
Jan Schaller, Leiter Team Analysen beim Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung, erläutert im Gespräch mit der ESV-Redaktion, welche Erkenntnisse ihre Studie zu Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit in deutschen Unternehmen brachte, welche Risiken damit einhergehen und ob es altersbedingte Unterscheide in der Wahrnehmung gibt.

Was genau haben Sie in Ihrer Studie untersucht?

Schaller: Das IFBG wollte wissen, wie es eigentlich um die Aspekte Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit in deutschen Unternehmen bestellt ist und welchen Zusammenhang es zur wahrgenommenen Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen sowie Führungskräfte gibt. Dazu haben wir umfassende Daten aus zahlreichen wissenschaftlichen Mitarbeiterbefragungen in Unternehmen verschiedener Branchen zusammengetragen und ausgewertet. Die Daten zeigen, dass rund 87 Prozent der etwa 16 000 befragten Beschäftigten die Atmosphäre zwischen sich und ihren Arbeitskollegen oft oder immer als gut bezeichnen. Tiefergehende Analysen des IFBG mit etwa 3 100 Beschäftigten, die in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse (TK) erhoben wurden, konnten zeigen, dass eine unterschiedliche Wahrnehmung bei den verschiedenen Altersgruppen festzustellen ist. Die Gruppe der unter 40-jährigen Befragten nimmt die Atmosphäre sowie die Zusammenarbeit signifikant besser wahr als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen.

Was sind die Risiken für Unternehmen, wenn die Beschäftigten die Atmosphäre oder Zusammenarbeit schlecht bewerten?

Schaller: Häufig sehen wir in unseren Mitarbeiterbefragungen, dass in diesen Fällen auch noch andere Themen im Argen liegen. Beispiele dafür sind etwa das wahrgenommene Feedback, die soziale Unterstützung und nicht zuletzt die Arbeitszufriedenheit. Letztlich kann es durch eine gestörte Zusammenarbeit natürlich zu Streitigkeiten und Konflikten kommen –oder andersherum. Auch auf die psychische Gesundheit oder eine erhöhte Mitarbeiterfluktuation kann sich eine schlechte Arbeitsatmosphäre negativ auswirken. Gerade Langzeiterkrankungen und ein steter Wechsel in der Beschäftigtenstruktur sind aus betriebswirtschaftlicher Perspektive keine allzu erwünschten Zustände für Arbeitgeber.
 

Was kann von Unternehmensseite getan werden, um die Atmosphäre im Team sowie die Zusammenarbeit der Beschäftigten positiv zu beeinflussen?

Schaller: Der Klassiker sind natürlich die altbekannten Teambuilding-Maßnahmen. Doch diese setzen nur selten an den wirklichen Ursachen an. Schwelt bereits ein langfristiger Konflikt im Team, bringt es nicht viel, eine Wildwasser-Rafting-Tour zu unternehmen und auf Besserung zu hoffen. Im Sinne eines modernen Gesundheitsmanagements gilt es hier, präventiv zu agieren und den Anfängen zu wehren. Unternehmen sollten vor allem im Bewerbungsprozess sehr genau die Passung und die sozialen Kompetenzen der Bewerber prüfen und sich lieber mehr Zeit für die Auswahl nehmen. Zudem kann es helfen, Anlaufstellen zu bieten, an die sich die Beschäftigten im Konfliktfall wenden können. Wichtig ist es auch, für eine vertrauensvolle Atmosphäre zu sorgen, in der sich die Beschäftigten auch trauen, Dinge frühzeitig anzusprechen. Letztlich ist eine vorrausschauende Strategie bei der Personalrekrutierung sicherlich der Grundstein für eine positive Atmosphäre und ein hohes Maß an Gemeinschaftsgefühl. 

Welche Rolle kommt hier den Führungskräften zu?

Schaller: Eine ganz entscheidende. Führungskräfte haben viele Möglichkeiten, die gesamte Arbeitsatmosphäre zu prägen. Regelmäßige Feedbackgespräche, eine offene Tür und ein gutes Gespür für die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nur einige Bausteine. Häufig beobachten wir, dass die fachlich besten Mitarbeiter zu Führungskräften ernannt werden, aber weiterhin vordergründig operative Aufgaben wahrnehmen. Richtig ist es meiner Meinung nach aber, Leitungsfunktionen anhand von Führungskompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten zu vergeben. So kann eine Kultur geschaffen werden, die es den einzelnen Beschäftigten ermöglicht, aufzublühen und sich im Team wohlzufühlen.

Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Faktoren einen Einfluss auf die Atmosphäre und die Zusammenarbeit am Arbeitsplatz haben. Dennoch sind die Ergebnisse erfreulich – zeigen sie doch, dass die Atmosphäre sowie die Zusammenarbeit insbesondere von den Beschäftigten unter 40 Jahren positiv bewertet wird.

Das IFBG empfiehlt, ein besonderes Augenmerk auf die Passung im Team zu legen, um eine gute Arbeitsatmosphäre und Zusammenarbeit zu fördern. Teamfähigkeit und Teampassung können nur bedingt durch Team-Building-Maßnahmen beeinflusst werden. Die Bewerberauswahl, Rollenklarheit und das richtige Einsatzfeld spielen in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle.

Vielen Dank!

Das IFBG
Das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) ist eine Ausgründung der Universitäten Konstanz, München (TU) und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

www.ifbg.eu

 
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