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VGH München: Ein dynamischer Verweis auf Web-Seiten des RKI in Bezug auf die Dauer des Genesenennachweises ist rechtswidrig (Foto: Postmodern Studio / stock.adobe.com)
Corona und Nachweis der Genesung

Weiterhin Unklarheit bei den Gerichten in Bezug auf die Verkürzung des Genesenenstatus – Verweis auf RKI soll gestrichen werden

ESV-Redaktion Recht
11.03.2022
Die Verkürzung des Genesenenstatus beschäftigt weiter die Gerichte. Nachdem einige erstinstanzliche Gerichte unterschiedliche Auffassungen vertreten, hat der VGH München die Verkürzung auf drei Monate als voraussichtlich rechtswidrig angesehen. Vor allem bei den unteren Gerichten geht der Trend aber eher in die gegenteilige Richtung. Inzwischen hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, den besonders umstrittenen Verweis auf das RKI zu streichen.
In dem Streitfall wurde der Antragsteller am 24.09.2021 positiv getestet. Sein Antrag an die Stadt Augsburg, mit dem er feststellen lassen wollte, dass er für sechs Monate als genesen gilt, blieb erfolglos. Gleiches gilt für seinen Eilantrag zum VG Augsburg. Gegen die erstinstanzliche Entscheidung zog er dann mit einer Beschwerde vor den VGH München.

VGH München: Keine Ermächtigung für dynamischen Verweis auf RKI

Die obersten bayerischen Verwaltungsrichter änderten den ablehnenden Beschluss der Ausgangsinstanz ab und stellten im Verhältnis zum Antragsteller fest, dass er für sechs Monate – also bis einschließlich den 23.03.2022 – als genesen gilt. Die tragenden Überlegungen des VGH:

  • Rechtsverhältnis zwischen Stadt und Antragsteller: Zwischen dem Antragsteller und der Stadt Augsburg liegt ein Rechtsverhältnis vor. Demzufolge ist die Stadt Augsburg als Kreisverwaltungsbehörde für den Vollzug des Bundes- und Landesinfektionsschutzgesetzes sowie für die Überwachung der Vorgaben der bayerischen Corona-Verordnung zuständig. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Eilantrag auch gegen die Bundesrepublik Deutschland als Normgeber der SchAusnV gerichtet werden kann.
  • Keine Rechtsgrundlage für dynamischen Verweis auf Behörde: Der Eilantrag ist dem VGH zufolge auch begründet, denn § 2 Nr. 5 SchAusnV in der Fassung vom 14.01.2022, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nichtig, weil diese Norm zur Ermittlung der Gültigkeitsdauer eines Genesenennachweises auf die Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) verweist. Eine solche Ermächtigung auf das RKI findet als sogenannte Subdelegation keine hinreichende Grundlage im IfSG.
  • Verstoß gegen Publizitäts- und Bestimmtheitsgebot: Darüber hinaus sahen die Münchner Richter in dem pauschalen Verweis auf die Seiten des RKI einen Verstoß gegen das Publizitäts- und Bestimmtheitsgebot. Allerdings führt die Unwirksamkeit von § 2 Nr. 5 SchAusnV nur dazu, dass die Vorgänger-Fassung für den Antragsteller weiterhin gilt. Diese legt die Dauer des Genesenenstatus ausdrücklich auf sechs Monate fest.
Wie das Gericht abschließend betonte, gilt der Beschluss nur für den Antragsteller. Rechtsmittel hiergegen sind nicht möglich.

Quelle: PM des VGH München vom 03.03.2022 zum Beschluss vom selben Tag – 20 CE 22.536

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Gegenläufiger Trend vor allem bei den unteren Gerichten

Ob der Beschluss des VGH München nun wirklich Klarheit schafft, bleibt zweifelhaft. Zuletzt bleiben mehre Eilanträge gegen die Verkürzung des Genesenenstatus ohne Erfolg. So etwa vor dem
 
  • VG Magdeburg: Beschluss vom 07.03.3022 – 1 B 48/22 MD – laut PM vom 10.03.2022
  • VG Minden: Beschlüsse vom 04.03.2022 – 7 L 162/22; 7 L 170/22; 7 L 171/22; 7 L 175/22; 7 L 179/22 und 7 L 187/22 – laut PM vom 07.03.2022
  • VG Oldenburg: Beschluss vom 03.03.2022 – 7 B 507/22 sowie Beschluss vom 04.03.2022 – 7 B 537/22 – laut PM vom 04.03.2022
  • OVG Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 01.03.2022 – 9 S 5/22 – laut PM vom selben Tag: Demnach ist ein Eilrechtsschutz gegen Änderung von Verordnungen des Bundes grundsätzlich nicht mit einem Antrag gegen die Bundesrepublik Deutschland möglich. Vielmehr kann die Rechtmäßigkeit einer solchen Änderung nur mittelbar gegen die Behörden geprüft werden, die die infektionsschutzrechtlichen Vorgaben zu vollziehen haben. Die Voraussetzungen hierfür sah das OVG aber nicht als gegeben an. 
  • VG Darmstadt: Beschluss vom 23.02.2022 – 4 L 210/22.DA – laut PM vom 03.03.2022

Verweis auf RKI soll gestrichen werden

Wohl aufgrund der Rechtsunsichherheit bezüglich des Verweises auf das RKI soll dieser nun gestrichen werden – und zwar mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der SchAusnahmV. Als Grund benennt der Gesetz-und Verordnungseber die besondere Bedeutung der Impf-, Genesenen- und Testnachweise. Diese Begriffe sollen nun im IfSG selbst definiert werden.

Quellen: 

  • hib – heute im bundestag Nr. 101/2022 vom 11.03.2022

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(ESV/bp)

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