Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Wenn das Spiel aus ist: Wie eine GmbH liquidiert wird (Foto: blacksock/Fotolia.com)
Nachgefragt bei: Rechtsanwalt Peter Eller

GmbH-Liquidation: „Relativ komplexer und langwieriger Ablauf”

ESV-Redaktion Recht
04.01.2016
Die GmbH erfreut sich gleichbleibend hoher Beliebtheit. Doch worauf ist zu achten, wenn eine Gesellschaft liquidiert wird? Und wann ist dabei eher der Steuerjurist denn der Gesellschaftsrechtler gefragt? Rechtsanwalt Peter Eller im Interview mit der ESV-Redaktion.

Die Gesellschaftsform der GmbH erfreut sich rein numerisch weiterhin größter Beliebtheit – trotz zeitweiliger Limited-Hausse und veränderter Rahmenbedingungen. Was sind und bleiben die Hauptgründe, sich für eine GmbH zu entscheiden?


Peter Eller: Der deutsche Gesetzgeber hat auf die seinerzeit stark steigende Zahl von Limited-Gründungen reagiert und die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als kleine Variante der GmbH eingeführt. Im Dienstleistungsbereich, in dem nur geringer Kapitalbedarf bei einer Gründung die Regel ist, ist für Gründer mit wenig Startkapital die UG meines Erachtens die ideale Gesellschaftsform, wenn das Risiko der persönlichen Inanspruchnahme aus den Gesellschaftsgeschäften wesentliches Motiv bei der Rechtsformwahl ist.

Auch die steuerlichen Rahmenbedingungen für die GmbH haben sich in den letzten Jahren verbessert, bei thesaurierenden GmbHs ist die Steuerbelastung sogar geringer als beim Einzelunternehmer. Beide Vorteile sind allerdings nicht in einer GmbH zu vereinbaren: Werden die angesammelten Gewinne nicht entnommen, so können potentielle Haftungsgläubiger auf erhebliche Reserven zugreifen. Ich rate in geeigneten Fällen daher dazu, als Holdinggesellschaft eine thesaurierende GmbH oder UG zu gründen und die Gewinne der Tochtergesellschaft als Betriebsgesellschaft fast steuerfrei auf die thesaurierende Holdinggesellschaft zu transferieren. Dabei entstehen dann zwei GmbHs für ein operatives Geschäft, was sicherlich auch zu den hohen Gründungszahlen beiträgt.

Zuweilen muss – trotz der so erfolgreichen Gesellschaftsform – so manche GmbH liquidiert werden. Was sind die häufigsten Gründe für eine Liquidation?

Peter Eller: Dass die Gesellschaftsform erfolgreich ist, heißt noch lange nicht, dass auch die Geschäfte gut laufen. Viele Liquidationen werden auch unter erheblichen Zuzahlungen der Gesellschafter betrieben, um eine Insolvenz zu vermeiden. Ein weiterer häufig vorkommender Grund, eine an sich erfolgreiche GmbH zu liquidieren, ist wiederum im Steuerrecht begründet: Findet sich für das GmbH-Geschäft ein Nachfolger, so ist es in dessen berechtigen Interesse, das eingesetzte Kapital so weit als möglich steuerlich geltend machen. Beim sogenannten Share-Deal ist das nicht möglich, das dem Anteilsverkäufer zu zahlende Aufgeld auf das Stammkapital ist steuerlich gesehen bis zur Veräußerung oder Liquidation totes Kapital. Deshalb werden in der Regel die Aktiva der GmbH veräußert, insbesondere Anlagevermögen, Firmenwert, Kundenstamm, Know-how. Die dann noch übrig gebliebene leere Hülle der GmbH muss dann nur noch liquidiert werden.

Und welche Schwierigkeiten ergeben sich beim Ablauf der Liquidation in der Regel?

Peter Eller: Grundsätzlich ist der gesetzlich vorgeschriebene Ablauf einschließlich aller Formerfordernisse relativ komplex und langwierig. Das Wissen um die gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Klippen bei einer Liquidation ist bei den meisten GmbH-Gesellschaftern recht schwach ausgeprägt. Das führt zu vielen Unsicherheiten und Nachfragen bei Liquidationen, die ich betreue. Um nur ein Beispiel zu nennen: Viele Geschäftsführer glauben, mit dem Gang zum Notar und dem Antrag auf Eintragung der Auflösung der GmbH in das Handelsregister sei für den Beginn einer Liquidation alles Nötige erledigt. Die Notare erteilen nach meinen Erfahrungen keinen Hinweis an die Geschäftsführer, dass zusätzlich zur Handelsregistereintragung der Auflösung auch der Gläubigeraufruf im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden muss. Das wird dann immer wieder vergessen. Auch beim Abschluss der Liquidation gibt es einige heikle Punkte: Einerseits gehört zur Abwicklung ganz am Ende auch die Auflösung des Bankkontos, andererseits können immer noch Kosten bei der GmbH anfallen, die nicht vorhersehbar waren. Erforderlich ist dann die Verbuchung über Gesellschafterdarlehen, womit aber gleich der nächste wichtige Problemkreis angesprochen ist: Wie und mit welchen steuerlichen Folgen ist das Gesellschafterdarlehen auszubuchen?

Aktuelle Meldungen
Hier bleiben Sie immer aktuell im Bereich Recht.


Im Kontext der Liquidation haben Sie im Vorwort Ihres aktuellen Buches restriktive Gesetzgebung und fiskalorientierte Rechtsprechung kritisiert. Was genau meinen Sie damit?

Peter Eller: Die Steuergesetzgebung, die ich seit der Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren – jetzt Teileinkünfteverfahren – verfolge, ist mit Ausnahme der Senkung des Körperschaftsteuersatzes und der Einführung des Abgeltungssteuersatzes ausschließlich restriktiv: Sie möchte wieder mehr Steueraufkommen generieren. Dazu zählen die Mindestbesteuerung, der Verlust des Verlustvortrages bei Anteilsübertragungen ab 25 Prozent, der Ausschluss von nachlaufenden Werbungskosten im Zuge der Einführung des Abgeltungssteuerrechts, um nur einige wenige zu nennen.

Schließlich noch ein markantes Beispiel für die fiskalorientierte Rechtsprechung: Mit der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechtes durch das MoMiG hat die frühere Finanzrechtsprechung zu dessen steuerlichen Folgen seine zivilrechtliche Grundlage verloren. Doch die ganz fundamentale Zivilrechtsänderung ist an der Steuerrechtsprechung spurlos vorübergegangen. Die Finanzrichter konstatierten im Grunde genommen recht schlicht, dass das Steuerrecht von der Zivilrechtsänderung einfach nicht betroffen sei. Auf Gesellschafterseite bleibt also nach wie vor nur derjenige Kapitaleinsatz beim Ausfall steuerlich abzugsfähig, der unter die abgeschaffte zivilrechtliche Anerkennung gefallen wäre.

Welche aktuellen Entwicklungen erschweren Ihrer Einschätzung nach derzeit die Liquidation einer GmbH?

Peter Eller: Brennpunkt bei den Steuerfragen bei der Liquidation ist mit Sicherheit weniger die Besteuerung des Liquidationsgewinns bei der Gesellschaft als der steuerliche Abzug des verlorenen Kapitaleinsatzes auf Gesellschafterseite. Besondere Schwierigkeiten wirft dabei einerseits der Zeitpunkt der Geltendmachung und andererseits die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten auf, die eng mit der Frage des zivilrechtlich überkommenen Eigenkapitalersatzrechtes zu tun hat. Hier müssen für die steuerliche Abzugsfähigkeit auf Gesellschafterseite die Weichen sehr früh gestellt werden, meist zu einem Zeitpunkt, wo kein Gesellschafter schon ans Ende der GmbH und Liquidation denkt.

Wer ist daher aus Ihrer Sicht bei einer Liquidation in der Regel stärker gefordert: Der Gesellschaftsrechtler oder der Steuerjurist?

Peter Eller: Bei durchschnittlichen Liquidationen von GmbHs mit einer Bilanzsumme unter 5 Millionen Euro ist sicherlich der Steuerjurist mehr gefordert, da die sowohl für die GmbH als auch für die Gesellschafter optimale Abwicklung der Liquidation in diesen Fällen fast immer ein recht komplexes Thema darstellt. Das gilt insbesondere, wenn die GmbH noch einen Klotz am Bein hat, wie etwa eine Pensionszusage, die entsorgt werden muss. Der Gesellschaftsrechtler ist eher dann gefordert, wenn sich mehrere Gesellschafter im Zuge der Liquidation in die Haare geraten, der Fremdliquidator Probleme bereitet oder wenn die GmbH nach einem Auflösungsbeschluss wieder fortgesetzt werden soll.

Ein Sonderproblem stellt die Abwicklung von Pensionszusagen dar. Was sind hier die häufigsten Fehler und Stolperfallen?

Peter Eller: Zu diesem wiederum sehr komplexen Thema, zu dem man ohne weiteres ein Fachbuch mit gleicher Stärke verfassen könnte, sind vor allem zwei Fallstricke zu nennen: einmal die drohende Sofortversteuerung auf Geschäftsführerebene, wenn aufgrund eines Verzichts oder einer anderen nicht lege artis durchgeführten Entsorgung der Pensionszusage ein Zufluss in Höhe des Barwertes der Pensionszusage beim Geschäftsführer fingiert wird. Auf der anderen Seite ist bei verschiedenen Abwicklungsvarianten, die diese missliche Steuerfolge vermeiden, der Kapitalbedarf so hoch ist, dass die GmbH dies ohne zusätzliche Finanzierungsinstrumente nicht stemmen kann. Allerdings gestehe ich zu, dass die Finanzverwaltung mit ihrer relativ neuen Linie, dass ein Verzicht auf den sogenannten „future service” steuerlich unschädlich ist, durchaus vernünftige und gangbare Lösungswege ermöglicht hat.

Das könnte Sie auch noch interessieren: Neues aus Erfurt, Karlsruhe, Dortmund und Heilbronn

(ESV/map)

Zur Person
Peter Eller, Jahrgang 1960, ist seit 1991 Rechtsanwalt in München. 1994 gründete er seine eigene Rechts- und Steuerkanzlei. Er ist Fachanwalt für Steuerrecht und Autor im Erich Schmidt Verlag. Aktuell in 3. Auflage erschienen ist sein Buch „Liquidation der GmbH“.


Das könnte Sie auch interessieren
Mittelständische Unternehmen suchen selten das Rampenlicht
Insolvenzrecht: Reform der Insolvenzanfechtung kommt voran

Programmbereich: Wirtschaftsrecht