Betreuungsgeld: Bund fehlte die Gesetzgebungskompetenz
Inwieweit die Vorschriften mit den Grundrechten vereinbar sind, bedurfte nicht der gerichtlichen Überprüfung, da die Regelungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – so die eindeutige Begründung des Karlsruher Gerichts – wegen der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes ohnehin nichtig seien.
Zwar handele es sich bei dem Betreuungsgeld um eine Frage der öffentlichen Fürsorge. Diese unterliege auch der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Allerdings bemängelte der Erste Senat, dass die Voraussetzungen von Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz (GG) nicht erfüllt seien. Dort heißt es: "Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht."
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Unzureichende Gründe für eine bundeseinheitliche Regelung
Danach hat der Bund eine Regelungskompetenz, wenn die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich ist. Das wäre dann der Fall, wenn sich die Lebensverhältnisse in den Bundesländern so weit auseinander entwickelten, dass dies das Sozialgefüge beeinträchtigt hätte. Genau dies sei jedoch nicht der Fall. Daher habe es der Einführung eines bundeseinheitlichen Betreuungsgeldes nicht bedurft.
Allein das Ziel, eine bundeseinheitliche Regelung in Kraft zu setzen, genüge hierfür nicht, so die Verfassungsrichter. Wörtlich heißt es in der Erklärung des Gerichts: „Insbesondere bilden die in der Begründung des Gesetzentwurfs niedergelegten Erwägungen insoweit keine tragfähige Grundlage“.
In seiner umfassenden Prüfung stellte das Gericht zudem fest, dass das Betreuungsgeld auch nicht zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich gewesen sei. Denn in einzelnen Bundesländern existierten bereits zusätzliche vergleichbare Leistungen. Dies schließe aus, dass mit dem Betreuungsgeld eine Rechtsvereinheitlichung angestrebt und herbeigeführt wurde. (ESV/map)
Das ganze Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit Anmerkung von Prof. Dr. Eberhard Jung zur fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes, möglichem Grundrechtsverstoß und Ausblick, lesen Sie in der Septemberausgabe der Zeitschrift WzS – Wege zur Sozialversicherung, S. 249 ff.
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Literaturhinweis zum Thema
Eine umfassende Kommentierung zum Betreuungsgeld beinhaltet der Kommentar zum BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) von Bernd Wiegand. Der Kommentar vermittelt einen Überblick über das gesamte BEEG unter Berücksichtigung der relevanten Nebengesetze.
Im Berliner Kommentar zum Grundgesetz, herausgegeben von Prof. Dr. Karl Heinrich Friauf und Prof. Dr. Wolfram Höfling, finden Sie weitreichende Erläuterungen zu den Artikeln des Grundgesetzes.
Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung