OLG Hamburg zur Frage, wann Fotografien ohne Lizenz für KI-Training genutzt werden dürfen
Der Fotograf meint, dass die Vervielfältigung, die der Verein erstellt hat, seine Rechte an dem Bild verletzt und klagte vor dem LG Hamburg auf Unterlassung. Weil das LG die Klage mit Urteil vom 27. September 2024 abgewiesen hatte, zog der Kläger mit einer Berufung vor das OLG Hamburg.
Der Hintergrund
Datensätze – wie in dem Streitfall – werden in der Regel von gemeinnützigen oder wissenschaftlichen Initiativen erstellt, die selbst keine kommerziellen Interessen verfolgen. Ihr Ziel besteht darin, Grundlagenmaterial für Forschung und Entwicklung bereitzustellen. Weil die in den Datensätzen referenzierten Bilder urheberrechtlich geschützt sind, stellen diese Organisationen nicht die Bilddateien selbst zur Verfügung. Vielmehr setzen sie Hyperlinks zu den frei zugänglichen Originalquellen und den begleitenden Metadaten wie Beschreibungen oder Kontextinformationen. Für KI-Modelle ist dies technisch ausreichend, um große Mengen an Bild-Text-Paaren auszuwerten und aus ihnen zu lernen. Die eigentliche KI-Entwicklung findet anschließend bei Dritten statt.
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OLG Hamburg: Nutzung der Fotografie gerechtfertigt
Der 5. Zivilsenat des OLG Hamburg bestätige das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis. Demnach hat der Kläger keinen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen den beklagten Verein. Die wesentlichen Erwägungen des Senats:
Zum Text- und Data Mining
- Schranke von § 44b UrhG einschlägig: Nach Ansicht des Senats kann sich der Beklagte auf die Schrankenregelungen zum Text- und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG (siehe unten) berufen. Diese Norm definiert die benannte Nutzung als automatisierte Analyse von digitalen Werken, um daraus Informationen – insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen – zu gewinnen. Diese Voraussetzungen sind dem Senat zufolge gegeben.
- Kein wirksamer Nutzungsvorbehalt: Weil der Kläger seine Bilder über eine Agentur verwertet hatte, würde zu seinen Gunsten als Rechtsinhaber auch ein Nutzungsvorbehalt gelten, den die Agentur aufgestellt hatte. In der Tat hatte die Bildagentur über ihre Webseite einen Nutzungsvorbehalt aufgestellt. Dieser erfüllte aber nicht die nach § 44b Absatz 3 Satz 2 UrhG (siehe unten) vorgesehene Form der Maschinenlesbarkeit. Der Vorbehalt muss so bereitgestellt werden, dass Computerprogramme ihn automatisch erkennen können. Dies war dem Senat zufolge nicht gegeben, sodass die streitgegenständliche Nutzung im Ergebnis zulässig war, so der Senat weiter.
Zur wissenschaftlichen Nutung der Datensätze
Der Senat bestätigte außerdem die Einschätzung der Vorinstanz, nach der die Nutzung der Fotografie auch deshalb erlaubt war, weil sie für wissenschaftliche Forschung im Sinne von § 60d UrhG (siehe unten) vorgenommen wurde. Demnach ist die Erstellung des Datensatzes ein nachvollziehbares wissenschaftliches Vorgehen, das auf neue Erkenntnisse abzielt und daher zur angewandten Forschung gehört.
Der 5. Senat Des OLG Hamburg hat die Revision zum BGH zur Rechtsfortbildung zugelassen.
Quelle: PM des OLG Hamburg vom 10.12.2025 zum Urteil vom selben Tag – 5 U 104/24
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| Im Wortlaut: § 44b UrhG – Text und Data Mining |
| (1) Text und Data Mining ist die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen. (2) Zulässig sind Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text und Data Mining. Die Vervielfältigungen sind zu löschen, wenn sie für das Text und Data Mining nicht mehr erforderlich sind. (3) Nutzungen nach Absatz 2 Satz 1 sind nur zulässig, wenn der Rechtsinhaber sich diese nicht vorbehalten hat. Ein Nutzungsvorbehalt bei online zugänglichen Werken ist nur dann wirksam, wenn er in maschinenlesbarer Form erfolgt. |
| § 60d UrhG – Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung |
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(1) Vervielfältigungen für Text und Data Mining (§ 44b Absatz 1 und 2 Satz 1) sind für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zulässig.
(2) Zu Vervielfältigungen berechtigt sind Forschungsorganisationen. Forschungsorganisationen sind Hochschulen, Forschungsinstitute oder sonstige Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, sofern sie
1. nicht kommerzielle Zwecke verfolgen, 2. sämtliche Gewinne in die wissenschaftliche Forschung reinvestieren oder 3. im Rahmen eines staatlich anerkannten Auftrags im öffentlichen Interesse tätig sind. Nicht nach Satz 1 berechtigt sind Forschungsorganisationen, die mit einem privaten Unternehmen zusammenarbeiten, das einen bestimmenden Einfluss auf die Forschungsorganisation und einen bevorzugten Zugang zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung hat. |
(ESV / Bernd Preiß)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht