
OLG Stuttgart zum Umfang der Beweiskraft einer Zustellungsurkunde
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OLG Stuttgart: Beweiskraft einer Zustellungsurkunde bezieht sich nicht darauf, dass der Zustellungsempfänger auch tatsächlich unter der Zustellungsanschrift wohnt
- Beweislast: Die Klägerin will mit der Postzustellungsurkunde den Beweis der Ersatzzustellung an die Wohnung der Beklagten erbracht haben. Dementsprechend habe die Beklagte den Gegenbeweis zu führen, so die Klägerin weiter. Diese Rechtsauffassung hält der Senat für unzutreffend. Demnach erstreckt sich die Beweiskraft einer Zustellungsurkunde nicht darauf, dass der Zustellungsempfänger tatsächlich auch unter der Zustellungsanschrift gewohnt hat, wobei sich der Senat auf die herrschende Meinung beruft.
- Zustellperson trifft keine Feststellungen zur Wohnsituation des Empfängers: Anschließend betont der Senat, dass die Zustellperson die Wohnsituation des Empfängers nicht feststellt und diese auch nicht beurkundet. Auch die Klägerin hat keine Tatsachen zur Wohnsituation der Beklagten vorgetragen.
- Rechtsschein für Wohnung an Zustelladresse scheidet aus: Auch eine erweiterte Auslegung, nach der dem Empfänger der Rechtsschein einer Wohnung zurechenbar sein soll, lehnte der Senat ab. Demnach haben die Zustellungsvorschriften aufgrund der Wahrung des Grundrechts auf rechtliches Gehör und im Interesse der Rechtssicherheit einen rein formalen Charakter. Dem Senat zufolge ist es deshalb nicht geboten, durch Auslegung eine Zustellung auch dort zuzulassen, an dem nur der Anschein einer Wohnung vorliegt. Denn die Voraussetzungen, unter denen ein solcher Anschein angenommen werden kann, hängen entscheidend von den konkreten örtlichen Verhältnissen ab. Dies schaffe Rechtsunsicherheiten, die dem Zweck der rechtlichen Vorgaben widersprechen, so der Senat weiter.
- Keine Hinweise für Täuschung über Wohnsitz: Schließlich sah der Senat auch keine Hinweise dafür, dass die Beklagte die Klägerin über ihren Wohnsitz getäuscht hat.
Quelle: Urteil des OLG Stuttgart vom 13.05.2025 – 6 U 153/24
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(ESV/bp)
Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht